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Gold-Silber-Ratio – was ist das eigentlich?

Insbesondere wenn es darum geht, das Preisverhältnis zwischen Gold und Silber zu beurteilen, wird häufig von der sogenannten Gold-Silber-Ratio gesprochen. Häufig hören wir in den Medien, dass zum Beispiel Silber als unterbewertet gilt und in dem Zusammenhang auf die Gold-Silber-Ratio verwiesen wird. Doch worum handelt es sich bei der Gold-Silber-Ratio eigentlich genau, wie ist die historische Entwicklung und welche Aussichten gibt es auf dieser Grundlage, was die mögliche Preisentwicklung der zwei Edelmetalle betrifft?

Was ist die Gold-Silber-Ratio und was sagt sie aus?

Was als Fachbegriff zunächst kompliziert klingt, ist eigentlich ganz einfach zu erklären. Die Gold-Silber-Ratio gibt schlichtweg das Preisverhältnis des Goldes im Vergleich zum Silber an. Bei der Gold-Silber-Ratio werden also die Preise der zwei Edelmetalle miteinander verglichen und in ein Verhältnis zueinander gesetzt. Im Prinzip könnte man ein solches Verhältnis zwischen allen Edelmetallen herstellen, sodass es beispielsweise auch das Platin-Palladium-Verhältnis gibt. Allerdings ist dies in der Praxis von geringer Bedeutung, denn Gold und Silber nehmen beim Investment in Edelmetalle einen Anteil von über 85 Prozent am Markt ein.

Die Gold-Silber-Ratio zu ermitteln ist sehr einfach, denn dazu müssen Sie lediglich den Goldpreis durch den Silberpreis dividieren. Wichtig ist nur, dass Sie bei beiden Edelmetallen die gleiche Rechengrundlage haben, in der Regel eine Unze. Da der Wert einer Unze Gold deutlich höher als der einer Unze Silber ist, spiegelt sich das natürlich im Gold-Silber-Verhältnis wider.

Gold- und Silbervorkommen in der Erdkruste als Hauptmaßstab

Da sich die Preise von Gold und Silber stetig verändern, gibt es natürlich auch bei der Gold-Silber-Ratio eine im Prinzip tägliche Veränderung. Wie also können Analysten und Experten anhand des aktuellen Gold-Silber-Verhältnisses überhaupt beurteilen, ob zum Beispiel Silber gegenüber dem Gold eher unter- oder überbewertet ist? Dazu braucht es einen allgemeinen Maßstab, der Aufschluss darüber gibt, was eigentlich ein realistisches und fundamental nachvollziehbares Gold-Silber-Verhältnis ist. Als Hauptmaßstab wird an dieser Stelle insbesondere das Vorkommen der zwei Edelmetalle in der Erdkruste genommen.

Tatsächlich ist diese Basis durchaus nachvollziehbar, denn dadurch wird gleichzeitig bemessen, wie selten Gold und Silber als Edelmetalle überhaupt sind. Nimmt man also das Vorkommen von Gold auf der einen und Silber auf der anderen Seite innerhalb der Erdkruste als Maßstab, so beläuft sich die Gold-Silber-Ratio auf 1:15. Anders ausgedrückt: Silber kommt ungefähr 15 Mal häufiger (vom Gesamtvorkommen her) vor als Gold. Daraus ergibt sich eben ein Gold-Silber-Verhältnis von 1:15.

Andere Maßstäbe für die Bewertung des aktuellen Gold-Silber-Verhältnisses

Neben dem Edelmetallvorkommen in der Erdkruste gibt es noch weitere Maßstäbe, die zur Bewertung der aktuellen Gold-Silber-Ratio herangezogen werden können. Dazu gehören beispielsweise die folgenden Maßstäbe:

  • Edelmetall Förderungsmenge: ca. 1:10
  • Unterirdisch verbliebene Ressourcen: 1:6
  • Industrielle Nachfrage: 1:30
  • Förderkosten: 100:1

Bei den meisten Maßstäben ergibt sich demnach sogar ein noch niedrigeres Gold-Silberverhältnis als beim Hauptmaßstab, nämlich dem Edelmetallvorkommen in der Erdkruste. So gibt es zum Beispiel bei den unterirdisch verbliebene Ressourcen ein Verhältnis von 1:6, da Gold hier Verhältnis zum Silber noch etwas öfter vorhanden ist, als das Edelmetallvorkommen in der Erdkruste insgesamt. Das allerdings würde bedeuten, dass das aktuelle Gold-Silber-Verhältnis noch weiter von dieser Grundlage als Maßstab entfernt ist. 

Historische Entwicklung der Gold-Silber-Ratio

Die historische Entwicklung der Gold-Silber-Ratio ist vor allem dadurch gekennzeichnet, dass sie faktisch immer höher als der Hauptmaßstab, nämlich das Vorkommen der Edelmetalle in der Erdkruste, lag. Innerhalb der rund letzten 40 Jahre gab es zum Beispiel Ende 1979 einen Tiefpunkt, bei dem die Gold-Silber-Ratio nur bei etwa 1:19 lag. Hier war das damals aktuelle Gold-Silber-Verhältnis also tatsächlich sehr nahe am Hauptmaßstab von 1:15. Seitdem allerdings ist die Gold-Silber-Ratio zum Teil erheblich gestiegen. 

Einen Spitzenwert gab es im März des vergangenen Jahres (2020), denn dort belief sich die Gold-Silber-Ratio auf fast 1:120. Inzwischen ist das Gold-Silber-Verhältnis allerdings deutlich gesunken und beträgt momentan ca. 1:68. Die momentane Gold-Silber-Ratio spiegelt dennoch bei Weitem noch nicht das eigentlich realistische Gold-Silber-Verhältnis wider, wenn man sich auf das Vorkommen in der Erdkruste bezieht. Selbst wenn man die industrielle Nachfrage als Grundlage nimmt, dürfte die Gold-Silber-Ratio nur etwa halb so hoch wie momentan sein, müsste also bei ca. 1:30 liegen. Was also ist die Schlussfolgerung aus der aktuellen Gold-Silber-Ratio von ca. 1:68?

Unterbewertung des Silbers auf Grundlage der aktuellen Gold-Silber-Ratio

Nimmt man die nackten Zahlen und Daten, so müsste das Silber momentan als deutlich unterbewertet gelten. Derzeit kostet eine Feinunze Gold rund 1.560 Euro, während eine Feinunze Silber bei ca. 23 Euro notiert. Daraus wiederum ergibt sich das momentane Gold-Silber-Verhältnis von ca. 1:68. Nimmt man nun das Vorkommen in der Erdkruste als Hauptmaßstab, so ist das Silber eigentlich deutlich seltener und müsste demzufolge gegenüber dem Gold einen viel höheren Preis haben. Das wiederum führt dazu, dass Analysten nicht müde werden, immer wieder von einer Unterbewertung des Silbers gegenüber dem Gold zu sprechen.

Fundamental betrachtet ist diese Einschätzung natürlich vollkommen richtig. Allerdings hat die Vergangenheit schon über viele Jahre hinweg gezeigt, dass sich Silber dennoch nicht durch kontinuierliche Preissteigerungen gegenüber dem Gold durchsetzen konnte. Immerhin lag die Gold-Silber-Ratio in der Spitze schon einmal bei fast 1:120, sodass vor diesem Hintergrund das Silber massiv unterbewertet war. Daraus folgte zwar ein Preisanstieg gegenüber dem Gold, aber dennoch ist das momentane Gold-Silber-Verhältnis um ein mehr als Vierfaches im Ungleichgewicht, wenn wir das Vorkommen der Erdkruste als Basis nehmen.

Vermutlich ist es auf die große Beliebtheit des Goldes bei Anlegern zurückzuführen, dass momentan keine größere Annäherung der aktuellen Gold-Silber-Ratio an den fundamentalen Wert von 1:15 in Sicht ist. Trotzdem ist es natürlich tendenziell eher so, dass Silber größeres Aufholpotenzial gegenüber dem Goldpreis hat. Unter anderem aus diesem Grund favorisieren nicht wenige Experten und Analysten das Silber als Investment, weil eben augenscheinlich gegenüber dem Goldpreis noch Nachholbedarf existiert.

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Autor: Ronny Wagner

Ronny Wagner ist Finanz-Blogger, Geldcoach, Inhaber des Edelmetallhändlers Noble Metal Factory und Gründer der „Schule des Geldes e.V.“. Er widmet sich seit 2008 dem Thema „Finanzbildung“ und hält das für einen Teil der Allgemeinbildung. Dabei ist sein Ziel, Menschen in finanziellen Fragestellungen auszubilden, um dadurch ein Leben in Wohlstand zu erreichen.