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US-Hedgefonds in Schwierigkeiten – kommt bald der Crash?

Aktuell befindet sich mit Archegos Capital offenbar ein großer US-Hedgefonds in Schwierigkeiten. Die Zahlungsschwierigkeiten sind daran zu erkennen, dass der Hedgefonds kürzlich nicht in der Lage war, sogenannte Margin Calls auszuführen. Manche Experten sehen die eventuelle Schieflage des großen, amerikanischen Hedgefonds als ersten Vorboten für einen möglichen Crash an den Börsen.

Zwangsschließung von Kundenpositionen durch Broker

Der Margin Call hat im Handelsbereich eine wichtige Aufgabe. Er signalisiert dem Investor nämlich, dass ein gestelltes Margin für eine existierende Position nicht mehr ausreicht und fordert den Kunden somit auf, weiteres Kapital zur Sicherung auf das Handelskonto einzuzahlen. Somit kann durch Margin Calls zunächst einmal verhindert werden, dass der Broker die Position schließen muss und der Kunde somit automatisch bei Hebelprodukten einen Totalverlust erleidet.

Exakt solche Zwangsschließungen von Positionen gab es jedoch, weil der US-Hedgefonds nicht mehr in der Lage war, Margin Calls der Broker zu bedienen. Deshalb wiederum wurden von einigen Unternehmen große Aktienpakete durch die Zwangsschließung der Positionen verkauft, was teilweise zu einem deutlichen Kursrückgang der betroffenen Aktien an den Börsen führte.

Notverkäufe große Gefahr für die gesamten Aktienmärkte 

Zwar handelt es sich beim US-Hedgefonds Archegos Capital bisher noch um einen Einzelfall in dieser Größenordnung. Dieser zeigt allerdings deutlich, welche enorm negativen Auswirkungen solche sogenannten Notverkäufe haben. Diese führen dazu, dass die Kurse aufgrund der hohen Volumina deutlich fallen. Das wiederum zieht erfahrungsgemäß auch Panikverkäufe zahlreicher Privatanleger nach sich, sodass ein regelrechter Abwärtssog bei den Kursen entsteht. Dieser könnte schlimmstenfalls sogar zu einem echten Crash an den Börsen führen.

Das weitere Problem besteht darin, dass bei derartigen Notverkäufen auch die beteiligten Broker zum Teil höhere Verluste erleiden. Im aktuellen Fall traf dies vermutlich auf mehrere der folgenden Banken und Broker zu:

  • Credit Suisse
  • UBS
  • Morgan Stanley
  • Goldman Sachs

Schätzungen zufolge könnte sich allein der so realisierte Verlust bei der Credit Suisse auf mehrere Milliarden Dollar belaufen.

Zwangsverkäufe eventuell noch nicht beendet?

Aktuell ist noch nicht klar, ob die durch Archegos Capital durchgeführten Zwangsverkäufe bereits beendet sind oder noch weitere, größere Aktienpakete veräußert werden müssen. Sollte Letzteres der Fall sein, könnte dies zu erneuten Turbulenzen an den Aktienmärkten führen. Allerdings rechnen selbst Pessimisten nicht damit, dass dies sofort zu einem Crash an den Börsen führen würde. Dafür müssten noch weitere Broker, Banken und institutionelle Investoren ebenfalls ihre Positionen veräußern, was wiederum alles andere als ausgeschlossen ist.

Führt Archegos Capital zu einer Kettenreaktion?

Es ist durchaus denkbar, dass andere Großinvestoren, Kreditinstitute und Broker sich durch die Probleme bei Archegos Capital veranlasst sehen, ebenfalls Positionen zu bereinigen und somit größere Aktienpakete zu veräußern. Dann allerdings besteht tatsächlich die Gefahr, dass dies zu einer Kettenreaktion und großen Turbulenzen an den Börsen führen könnte. Es würde dann einen sogenannten Dominoeffekt entstehen. Es gibt aber noch eine weitere Tatsache, die Besorgnis erregend ist, nämlich das hohe Volumen an Krediten, über die Aktienkäufe in den Vereinigten Staaten finanziert wurden.

Über 800 Milliarden Dollar Kredite für Wertpapierkäufe

Vor allem in den Vereinigten Staaten haben in der jüngeren Vergangenheit private Anleger bei ihren Brokern Kredite in Form der Margin Debts aufgenommen, die zusammen mehr als 800 Milliarden Dollar betragen. Dies ist eine durchaus Besorgnis erregende Entwicklung, denn in Februar des vergangenen Jahres beliefen sich diese sogenannten Margin Debts „nur“ auf knapp 550 Milliarden US-Dollar. Daraus folgt, dass immer mehr Anleger Wertpapiere auf Kredit kaufen oder zumindest den vom Broker zur Verfügung gestellten Hebel und somit fremdes Geld in Anspruch nehmen.

Spekulativer Hype an den Finanzmärkten nimmt zu 

Immer mehr Fachleute sehen die aktuelle Entwicklung – mit den derzeitigen Problemen des US-Hedgefonds Archegos Capital als Anlass – als ein echtes Alarmsignal. Dazu trägt auch der wachsende, spekulative Charakter zahlreicher Finanztransaktionen bei. Zudem sind die Investoren anscheinend immer sorgloser. Dies zeigt übrigens auch das enorm gestiegene Investment in Kryptowährungen, bei denen es sich unbestritten in erster Linie um reine Spekulationsobjekte handelt, noch deutlich mehr, als es bei Aktien der Fall ist. Aber auch im Aktienbereich suchen sich Anleger vermehrt Nebenwerte mit angeblichen Chancen auf hohe Gewinne, was allerdings in der Praxis nicht selten zu großen Kurseinbrüchen führen kann.

Immer mehr Kleinanleger an den Märkten als weitere Gefahr

Eine weitere Gefahr kommt aktuell hinzu, nämlich dass gerade in den letzten Monaten immer mehr Kleinanleger an den Börsen tätig werden, die bisher noch gar keine Erfahrungen mit Wertpapieren oder anderen Finanzprodukten gemacht haben. Vor dem Hintergrund der Niedrigzinsphase möchten sich immer mehr Privatanleger nicht mit mickrigen Zinsen zufrieden geben, sondern stattdessen an den Börsen möglichst hohe Kursgewinne erzielen. Dies gilt für verschiedene Finanzprodukte, insbesondere:

  • ETFs
  • Zertifikate
  • Aktien
  • Kryptowährungen
  • CFDs

Crashgefahr an den Börsen: Abkoppelung von den realen Fundamentaldaten

Die Gefahr eines Crashs an den Börsen ist nach Ansicht mehrerer Experten derzeit gegeben. Die zuvor beschriebenen Fakten und Entwicklungen tragen zu einem deutlich erhöhten Gesamtrisiko bei. Hinzu kommt, dass sich zahlreiche Börsenkurse mittlerweile deutlich von den Fundamentaldaten der Unternehmen und den Bewertungen abgehoben haben, sodass viele Aktien überbewertet sind. Es scheint also eher eine Frage zu sein, wann ein Crash an den Börsen kommt, als ob er in absehbarer Zukunft prinzipiell eintritt.

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Autor: Ronny Wagner

Ronny Wagner ist Finanz-Blogger, Geldcoach, Inhaber des Edelmetallhändlers Noble Metal Factory und Gründer der „Schule des Geldes e.V.“. Er widmet sich seit 2008 dem Thema „Finanzbildung“ und hält das für einen Teil der Allgemeinbildung. Dabei ist sein Ziel, Menschen in finanziellen Fragestellungen auszubilden, um dadurch ein Leben in Wohlstand zu erreichen.