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ETFs – Risiken größer als oftmals angenommen

Seit vielen Jahren werden ETFs von zahlreichen Bank- und Anlageberatern empfohlen, da es sich um kostengünstige Indexfonds mit breiter Diversifizierung handelt. Aufgrund der vorhandenen Vorteile sind es mittlerweile Vermögen im Gegenwert von mehreren Billionen US-Dollar, die bereits in Exchange Traded Funds geflossen sind. Allerdings gibt es auch einige Nachteile und vor allem größere Risiken bei ETFs, als die meisten Anleger sicherlich vermuten würden.

Risiken insbesondere bei synthetisch abgebildeten ETFs

Bekanntlich gibt es zwei große Gruppen von Indexfonds, nämlich zum einen die physisch replizierenden und zum anderen die synthetischen ETFs. Bei den physisch replizierenden Indexfonds muss der Fonds tatsächlich die Güter kaufen, die er im Namen trägt. Ein Gold-ETF wird dementsprechend tatsächlich das Edelmetall kaufen und nicht etwa Aktien oder Anleihen. Anders stellt sich die Situation hingegen bei synthetischen ETFs dar. 

Diese basieren in der Regel auf Swap-Geschäften, die der Emittent der Fonds mit einem Handelspartner abschließt. Im Klartext heißt das, dass Sie vielleicht in einen Gold-ETF investieren, der Fonds aber nicht das Edelmetall erwirbt, sondern im Zuge des Swap-Geschäfts stattdessen die Zinsen einer amerikanischen Staatsanleihe. Aus diesem Grund empfehlen die meisten Anlage- und Bankberater seit geraumer Zeit physisch replizierende ETFs, da es in dem Fall zumindest kein Swap-Risiko bzw. Handelspartner-Emittentenrisiko gibt.

Trügerischer Sicherheit bei physisch replizierenden ETFs?

Spätestens seit der aktuellen Coronakrise wird deutlich, dass es auch bei physisch replizierenden ETFs ein häufig noch nicht bei vielen Anlegern bekanntes Risiko gibt. Es entsteht dadurch, dass eben mittlerweile so hohe Volumina direkt in Indexfonds geflossen sind, beispielsweise im vergangenen Jahr über 7.000 Milliarden US-Dollar. Diese große Marktmacht der Exchange Traded Funds führt dazu, dass im Grunde nicht mehr – wie eigentlich vorgesehen – der ETF die entsprechenden Basiswerte aus dem Index 1:1 abbildet, sondern im Prinzip bestimmt der Indexfonds die Kurse der Basiswerte mit. Was bedeutet das im Detail? 

Nehmen wir den deutschen MDAX-Index als Beispiel. Darin befinden sich bekanntlich 50 Aktienwerte. Kaufen nun physisch replizierende ETFs diese 50 Aktien, so steigen deren Kurse aufgrund dieser Tatsache an, und zwar alle im MDAX enthaltenen Aktienwerte. Das heißt, dass nicht nur die attraktiven Aktienwerte Kursgewinne verzeichnen, sondern ebenfalls Aktien mit einer eigentlich schlechten Performance, bei denen sich das Unternehmen vielleicht sogar in einer prekären Situation befindet. Etwas polemisch ausgedrückt: Die starke Marktmacht der ETFs hat die Folge, dass selbst „Schrottwerte“ aufgrund der großen Investmentvolumen im Kurs steigen. Indexfonds machen beim Kauf nämlich keinen Unterschied zwischen den im Index vertretenen Aktien, ob diese zum Beispiel unter- oder überbewertet sind.

ETFs verstärken Trends an den Märkten als Katalysatoren

Dass ETFs in erfreulichen Börsenzeiten massiv Aktien erwerben und demzufolge alle Wertpapiere eines bestimmten Index unabhängig von der Situation des einzelnen Unternehmens kaufen, verstärkt die entsprechenden Trends zusätzlich. Anders hingegen handeln aktiv gemanagte Fonds, denn dort selektiert der Fondsmanager solche Aktienwerte, die seiner Auffassung nach besonders positiv zu bewerten sind. Zudem werden Aktien häufiger verkauft, wenn sie aus Sicht des Fondsmanagers als überbewertet gelten. Dies führt entsprechend zu einem Kursrückgang und dämpft insgesamt die Preise am Markt. Bei ETFs funktioniert dieser Mechanismus nicht, da der Fondsmanager gezwungen ist, immer – um beim Beispiel zu bleiben – alle 50 MDAX-Werte zu kaufen oder zu verkaufen.

Preise der ETFs weichen vom inneren Wert des Anteilsscheins (NAV) ab

Eine weitere Folge der großen Marktmacht der ETFs besteht darin, dass immer öfter Abweichungen zwischen dem Börsenpreis und dem NAV festzustellen sind. Das wiederum bedeutet, dass Indexfonds nicht mehr 1:1 die Wertentwicklung der im Index enthaltenen Basiswerte widerspiegeln, was eigentlich die originäre Aufgabe der Exchange Traded Funds ist. Stattdessen gab es in beide Richtungen bereits (deutliche) Abweichungen. Einmal waren die Basiswerte wesentlich günstiger als der innere Wert, andersherum waren sie manchmal teurer. Beim USO-ETF beispielsweise, der sich auf die amerikanische Rohölsorte WTI bezieht, mussten Anleger für den kommenden Future auf den inneren Wert einen Aufpreis von fast acht Prozent zahlen. 

Fazit zu Risiken und Nachteilen auch bei physisch replizierenden ETFs

Zusammenfassend lässt sich festhalten, dass auch bei physisch replizierenden ETFs mittlerweile ein kaum bekanntes Risiko besteht. Zwar halten diese Indexfonds tatsächlich die entsprechenden Basiswerte im Depot, beispielsweise Gold-ETFs die Edelmetalle. Allerdings kommt es immer öfter zu Abweichungen zwischen den Kursen bzw. Preisen der Basiswerte und dem ETF-Preis. Zudem steigen durch die hohen Volumina der ETFs selbst die Aktienkurse solcher Werte an den Börsen, die aufgrund ihrer Zahlen und Daten eigentlich im Kurs fallen müssen. Das Bild, welches ETFs widerspiegeln sollen, wird also zunehmend verzerrt.

Die logische Konsequenz für Anleger, die zum Beispiel in Gold investieren möchten und vor der Frage stehen, ob sie direkt physisch kaufen oder indirekt mittels Gold-ETFs investieren sollten, kann daher im Grunde nur lauten: Physisches Gold bevorzugen!

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Autor: Ronny Wagner

Ronny Wagner ist Finanz-Blogger, Geldcoach, Inhaber des Edelmetallhändlers Noble Metal Factory und Gründer der „Schule des Geldes e.V.“. Er widmet sich seit 2008 dem Thema „Finanzbildung“ und hält das für einen Teil der Allgemeinbildung. Dabei ist sein Ziel, Menschen in finanziellen Fragestellungen auszubilden, um dadurch ein Leben in Wohlstand zu erreichen.